Die Geschichte der Wasgaudörfer Böllenborn und Reisdorf.
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Im Auftrag der Ortsgemeinde hat Egon Bade zur 650-Jahr-Feier 1995 ein Buch über die Ortsgemeinde Böllenborn-Reisdorf herausgegeben.
Titel des Buchs: „Böllenborn-Reisdorf 1345-1995, Geschichte zweier Wasgaudörfer“.
Es enthält die ausführliche Chronik sowie viele Bilder und Zahlen zur Ortsgemeinde.
Das Buch erschien in grauem Leineneinband mit silberner Schrift. Es hat die Maße von ca. 17,5 * 24,5 cm. 320 Seiten.
Das Buch ist vereinzelt als Gebrauchtausgabe im Internet zu finden.
Die Ersterwähnungsurkunde datiert auf den 14. Juni 1345. Es handelt sich hierbei um die Beurkundung durch Kaiser Ludwig (der Bayer) über den Verkauf der Reichslehen in Böllenborn und Reisdorf mit allen Rechten und Einkünften an den Sponheimer Graf Walram von Veldenz. Verkäufer der Reichslehen war Anselm von Berwartstein. Die Urkunde wird im Bestand „Sponheimer Urkunden“ unter Nr. 324 im bayerischen Hauptstaatsarchiv in München verwahrt.
Die Schreibweise der Ortsnamen in der Urkunde entspricht nicht der heutigen Schreibweise. „Bellenbeur“ und „Reychelsdorf“ war die damals gebräuchliche Schreibart. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die ursprüngliche Bezeichnung der beiden Dörfer an den Namen der Gründer gebunden war: „Baldo- oder Balloburi“ bzw. „Regisch- oder Regichildorf“. Die Beurkundung im Jahre 1345 beweist, dass die beiden Dörfer damals schon existierten. Die Frühgeschichte zur Gründung ist leider nicht bekannt. Aus Fundstücken (Scherbenfund, 1992) lässt sich jedoch ableiten, dass die ersten Siedler etwa im 12./13. Jahrhundert die Gründer der Orte waren.
Im 12./13. Jahrhundert kam es zu neuen Formen der Grundherrschaft (auf Grund von Veränderungen in der Villikationsverfassung). Hierbei ermöglichten die Klöster Ländereien zur Eigenbewirtschaftung durch die Hörigen bzw. Leibeigenen. Böllenborn und Reisdorf liegen im Mundat(wald) – was heute noch Grenzsteine in den Wäldern beweisen – wie der Grundbesitz des Klosters Weißenburg (7. bis 16. Jahrhundert) früher genannt wurde. Daher ist davon auszugehen, dass die ersten Siedler Hörige bzw. Leibeigene des Klosters in Weißenburg (Wissembourg) waren. Darauf begründet sich auch der Schlüssel in der rechten Hälfte des Wappens von Böllenborn welcher an den Besitz durch das Kloster erinnert.
Durch die erste bayerische Landesteilung von 1255 erhielt Ludwig II. die Pfalz und Oberbayern. Nach seinem Tod 1294 wird seinem Sohn Rudolf I. (genannt der ‚Stammler‘) Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Oberbayern. Der jüngere Bruder Ludwig (genannt der ‚Bayer‘) wird 1302 Mitregent in Oberbayern und später (1314) zum König gewählt. König Ludwig wird 1328 zum römischen Kaiser gekrönt. In einer seiner Kanzleien entstand die Geburtsurkunde für Böllenborn und Reisdorf (siehe separaten Abschnitt weiter unten).
Die beiden Brüder waren jedoch uneinig. Pfalzgraf Rudolf und sein Schwiegervater, König Adolf von Nassau (1292 – 1298), waren entschiedene Gegner von Ludwig. Unter dem Pfälzer Löwenbanner von König Adolf versammelten sich auch die Sponheimer Ritter. Der Brüderzwist zwischen Rudolf und Ludwig endete 1317 damit, dass Rudolf alle seine Rechte verlor und fliehen musste. Für die Pfalz setzte König Ludwig einen Verwalter ein.
Bis zu seinem Tode im Oktober 1347 förderte Kaiser Ludwig nachhaltig die Pfalzgrafschaft bei Rhein.
Die Beurkundung durch Kaiser Ludwig über den Verkauf von Böllenborn und Reisdorf sind die zwei ersten Herren über die Orte bekannt. Die weiteren Herren hier als kurze Übersicht:
- Bis 1345
Anselm von Berwartstein (Edelknecht; Ritter von einfachem sozialen Status) - Bis 1437
Graf Walram von Sponheim kauft 1345 die Wasgaudörfer (Ersterwähnungsurkunde). Sie bleiben im Besitz der Familie bis 1437, das Jahr in dem das Geschlecht der Grafen von Sponheim ausstarb.
1421 bis 1424: verpfändet an Markgraf von Baden Bernhard I
1424 bis 1432: Nutzungsüberlassung an Friedrich von Tan - Bis 1459
Das Geschlecht der Veldenzer Grafen stirbt aus. Neben den Markgrafen von Baden wird nun neuer Mitinhaber Friedrich von Simmern. - Bis 1462
Die Markgrafen von Baden kämpften im Badisch-Pfälzischen Krieg (1461/1462) auf Seite Badens gegen den Pfälzer Kurfürst Friedrich I. und verloren in der Schlacht von Seckenheim 1462. Grafendahn und somit auch die beiden Wasgaudörfer fallen dadurch den Kurfürsten Friedrich I. Grafendahn war nun kurpfälzisch geworden. - Bis 1480
Zeitweise an verschiedene Herren verpfändet. - Bis 1485
480 wurde Ritter Hans von Trotha (Marschall im kurpfälzischen Dienst) für seine Dienste belohnt und erhielt von Philipp (Nachfolger von Kurfürst Friedrich I.) die Burgen Grafendahn und Berwartstein nebst Zubehör verliehen. - Bis 1545
Ritter Hans von Trotha kaufte 1485 die Burgen und ‚dem was dazu gehörte‘. Er war somit auch Dorfherr von Böllenborn und Reisdorf (und einiger anderer Dörfer) geworden. Der letzte Ritter des Geschlechts von Throta (Christoph) starb 1545 ohne männlichen Erben. So wurde seine Tochter Margarethe lehensberechtigt (gemäß Vereinbarung zwischen Christoph und der Kurpfalz von 1511).
Margarethe von Trotha war mit Friedrich von Fleckenstein verheiratet. Zunächst waren die Dörfer von Kurpfalz nur an die Fleckensteiner verliehen. Friedrich verkaufte 1553 seine Rechte an Ilbesheim bei Landau an den Herzog von Pfalz-Zweibrücken. Der Verkaufserlös (1250 Gulden) überließ Friedrich dem Kurfürsten und erhielt dafür das Eigentum an den Dörfern Birkenhördt, Böllenborn und Reisdorf übertragen.
Friedrichs Sohn Hans gab jedoch das Eigentum an den Dörfern wieder an Kurpfalz zurück und erhielt sie als Leibmannslehen zurück.
Durch den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurden neue Besitzverhältnisse erzwungen. 1621 bekam Erzherzog Albrecht von Österreich das Oberamt Germersheim von Kaiser Ferdinand II – welcher die Region in Besitz genommen hatte – übergeben. Zum Oberamt Germersheim zählten damals auch die Dörfer Böllenborn, Reisdorf und Birkenhördt. Nach dem Tod von Albrecht (1622) bekam Erzherzog Leopold das Amt übertragen; jedoch erst 1628 das Eigentum.
1642 übertrug die Witwe des Erzherzogs die Dörfer an Nikolaus Georg von Reigersberg (kaiserlicher Rat).
1668 kaufte Kurfürst Karl Ludwig die Dörfer dem Hause von Reigersberg ab. Nach dem Karl Ludwig 1685 kinderlos verstarb brach der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688 – 1697) aus (französische Erbansprüche; Liselotte ‚von der Pfalz‘, Schwester Karl Ludwigs war mit einem Bruder des französischen Königs verheiratet). Während dieser Zeit stand das kurpfälzische Oberamt Germersheim unter französischer Souveränität.
Weitere Kriege wüteten danach in der Region; die Souveränität blieb bei Frankreich:
- 1701 – 1714: Spanischer Erbfolgekrieg
- 1733 – 1738: Polnischer Erbfolgekrieg
- 1740 – 1748: Österreichische Erbfolgekrieg
- 1792 – 1814: Koalitionskriege (Auseinandersetzungen zw. Frankreich und seinen europäischen Machtrivalen)
Erst mit dem ersten Pariser Frieden (Mai 1814) wurden die Gebiete südlich der Queich ans deutsche Reich zurück übertragen. So wurden Böllenborn und Reisdorf 1814 wieder deutsch. Für ein halbes Jahr jedoch waren die Dörfer unter österreichischer Verwaltung (zweiter Pariser Frieden, November 1815) bis sie aufgrund des Münchner Vertrages im April 1816 wieder einen neuen Herren erhielten (bis 1945): Bayern.
„Endlich, nach 600 Jahren, Herr im eigenen Haus.“ … durch die Regierungsentschließung vom 10.Juli 1904 verfügt bekam die Gemeine Böllenborn ein eigenes Bürgermeisteramt.
Erster Weltkrieg (1914 – 1918):
Obwohl keine Kampfhandlungen in der Gemeinde statt fanden waren die Auswirkungen jedoch spürbar:
- 36 Böllenborner Männer wurden zu den Waffen gerufen (es gab damals 40 Familien im Ort)
- die Nahrungsmittel wurden knapp
- Acht Böllenborner Männer kamen nicht mehr nach Hause
- französische Besatzung
Weimarer Republik (1919 – 1933):
Aufschwung nach dem Krieg und Absturz …
- 1921/1922: elektrisches Licht wurde ins Dorf gebracht
- 1926: Wasserversorgungsanlage gebaut; Darlehen wurden aufgenommen
- 1929: Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Preiserhöhungen (Strom, Wasser, …), Preisverfall bei Holz (einziges Standbein der Gemeinde)
- 1932: die Gemeinde ist nicht mehr zahlungsfähig (z.B. Krisengeld an Arbeitslose)
Drittes Reich (1933 – 1945):
- 1933: Am 5. November 1933 wurde im Gemeinderat beschlossen, dass der Weiler Reisdorf und die Ortschaft Böllenborn als eine Gemeinde zu führen sind.
- 1938: Beginn der Baumaßnahmen zum Westwall; 9 Baulager in der Ortsgemeinde mit 350 Mann.
- 1939: Die Gemeinde liegt in der „Roten Zone“ (10 KM Gefechtsstreifen in Landesinnere) und muss sofort geräumt werden (Anweisung vom 1.09.1939).
- 1940: Die Rückkehr konnte nach dem Waffenstillstand mit Frankreich Ende August 1940 erfolgen.
- 1944: Ende des Jahres kam es zu starken Kampfhandlungen mit den US-Streitkräften. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bewohner bereits geflohen; es waren nur noch Soldaten im Ort.
- 1945: Ende des Krieges. Reisdorf komplett zerstört; Böllenborn großteils zerstört. 18 Böllenborner Männer kamen nicht mehr nach Hause (neun Männer gefallen; neun Männer gelten als vermisst). Französische Besatzungsmacht.
Wiederaufbau bis heute (1945 – …)
- 1946: Sprengung der Westwallbunker (auf französisches Geheiß)
- 1948: Währungsreform (Einführung der D-Mark). Der Gemeinde geht es immer besser (Holzhandel).
- 1950: Das Gemeindewappen wird genehmigt. Die Blasonierung des Wappens lautet: „Von Schwarz und Rot gespalten, rechts eine silberne Weißpappel auf grünem Grund, beseitet von einer silbernen gemauerten Quelle und silbernem Quellenausfluss in grünem Grund, links ein aufgerichteter goldener Schlüssel“. Der Schlüssel erinnert an den Besitz des Klosters Weißenburg und Pappel (=Bölle) und Quelle (=Born) verweisen redend auf den Ortsnamen.
- 1951: in Reisdorf haben sich wieder vier Familien angesiedelt.
- 1967: die Gemeinde bleibt selbstständig. Die Eingemeindung zur Stadt Bad Bergzabern wird vom Gemeinderat abgelehnt.
- 1978: die Ortsgemeinde Böllenborn-Reisdorf wird als Fremdenverkehrsgemeinde staatlich anerkannt.
- 1987: Sanierung des „Weschbach“ (Waschbach mit – in dieser Form seltenen – Waschbank)
- 1988 und 1990: schönstes Dorf im Kreis SÜW
- 1991: Umbau des Feuerwehrgerätehäuslein in Reisdorf zur Wendelinus-Kapelle
- 1992: 500-Jahr-Feier der kath. Kirche Mariae Geburt.
- 1994: Ein Dorfgemeinschaftshaus wird gebaut.
- 1995: 650-Jahr-Feier der Ortsgemeinde
- 2010: Breitbandanschluss DSL kommt nach Böllenborn und löst Funkverbindung am Kirchturm ab
- 2017: gefördertes Offenhaltungsprojekt zum Schutz der Natur und Landschaft
- 2023: Komplettsanierung des Dorfgemeinschaftshaus nach Wasserschaden